Neues Projekt hilft behinderten Menschen

Plötzlich war im Leben von Rüdiger Merz alles anders. Aufgrund einer chronischen Krankheit verliert der 45-Jährige 95 Prozent seiner Sehkraft. Seinen Job als Maler muss er aufgeben, und es beginnt eine Odyssee durch den deutschen Behördendschungel. „Ich kam mir hilflos vor; keiner hat sich für mich zuständig gefühlt“, erzählt er. Doch dann bekommt er neue Hoffnung.

Nach zwei arbeitslosen Jahren erfährt Rüdiger Merz durch eigene Recherche, dass es spezielle Umschulungsangebote für Menschen mit Sehbehinderung gibt. Statt auf die Hilfe der Ämter zu warten, nimmt er sein Schicksal selbst in die Hand, lässt sich in einem Berufsförderwerk zum Verwaltungsfachangestellten ausbilden und arbeitet später in der Verwaltung des Diakonischen Werks. Heute ist Rüdiger Merz Mitarbeiter eines neuen Projektes: der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB). Sie berät und hilft behinderten Menschen und deren Angehörigen. „Wenn es so ein Angebot schon früher gegeben hätte, hätte ich nicht zwei Jahre meines Lebens verloren“, sagt Rüdiger Merz heute.

Beratung auf Augenhöhe

Merz ist Teil des dreiköpfigen Teams, das das Projekt in der Diakonie-Außenstelle in Montabaur betreut. Die Mitarbeiter beraten Betroffene und deren Angehörige – ganz auf die individuellen Bedürfnisse der Hilfesuchenden angepasst und auf Augenhöhe. Sie erklären, wo und wie behinderte Menschen finanzielle Unterstützung beantragen können, wo sie Hilfe für den Alltag oder den Beruf erhalten. Das Besondere: Die EUTB ist unabhängig. Sie vermittelt den Hilfesuchenden also an denjenigen Anbieter, der am besten passt. „Unsere Beratung ist zudem komplett kostenlos, da sie vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wird“, erklärt EUTB-Mitarbeiter Martin Willuweit.

Vieles ist einfacher geworden

Dass es die Teilhabeberatung gibt, liegt auch am neuen Bundesteilhabegesetz. „Das Gesetz hat einen Paradigmenwechsel in der Hilfe für behinderte Menschen eingeläutet“, sagt Wilfried Kehr, Leiter des Diakonischen Werks Westerwald. „Früher wurden diese Männer und Frauen mit ihren Anträgen oft alleine gelassen. Heute werden die Kostenträger viel stärker in die Pflicht genommen: Es ist deren Aufgabe, die Anträge weiterzuleiten. Für Menschen mit Behinderung ist also vieles einfacher geworden. Und dank der EUTB gibt es jetzt eine verlässliche Anlaufstelle.“

So lange wie nötig

Zeitlich begrenzt ist die Unterstützung durch die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung nicht: Jeder von Behinderung betroffene Mensch kann so lange die Hilfe in Anspruch nehmen, wie er oder sie möchte – unabhängig vom Grad der Behinderung. „Das Gleiche gilt auch für deren Angehörige“, sagt EUTB-Mitarbeiterin Brigitte Orschel. Martin Willuweit ergänzt: „Wir verstehen uns als eine Art Krückstock, auf den sich ein Mensch eine Zeitlang stützt, bis er oder sie wieder auf eigenen Beinen stehen kann.“

Ein Wegweiser

Inzwischen steht auch Rüdiger Merz beruflich auf eigenen Beinen. In seinem Büro unterstützen ihn nicht nur viele technische Geräte für Sehbehinderte, sondern auch Ursula Lay-Müller. Sie ist sein „Auge“ und hilft ihn im Rahmen ihres Minijobs bei den täglichen Arbeiten. „Es gibt eben viele Wege, behinderten Menschen die Teilhabe in der Gesellschaft möglich zu machen“, sagt Rüdiger Merz. „Das EUTB-Team möchte ein Wegweiser sein.“ (bon)

Weitere Infos: Telefon 02602/1069872, E-Mail: ruediger.merz@diakonie-westerwald.de, www.teilhabeberatung.de

Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung beim Diakonischen Werk Westerwald

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